Roth, Joseph – Radetzkymarsch

Ehrfürchtig blickt der junge Carl Joseph auf das Bildnis, es zeigt seinen Großvater, den Helden von Solferino. Der Opa hat einst dem Kaiser das Leben gerettet und danach den Adel bekommen. Die vormalige slowenische Bauernfamilie Trotta gehört seitdem zur gehobenen Gesellschaft der Österreich-Ungarischen Monarchie. Carl Joseph soll selbstverständlich Soldat werden und in die Fußstapfen seines Opas treten. Der Vater ist als Bezirkshauptmann in Mähren Leiter und oberster Verwaltungsbeamter. Carl Joseph durchläuft eine militärische Ausbildung und genießt eine strenge Erziehung durch den Herrn Papa. Jeden Sonntag fragt der Vater den Sohn über sein Wissen ab und erst der, pünktlich um 12 Uhr durch die Militärkapelle auf dem Dorfplatz gespielte, Radetzkymarsch beendet den anstrengenden Teil des Sonntags. Der junge Trotta beginnt eine Affäre mit Frau Slama, der Frau des Gendarmeriewachtmeisters. Regelmäßig schreibt Carl Joseph aus der Militärschule seiner Geliebten Briefe. Er muss jedoch später erfahren, dass Frau Slama während einer Geburt verstorben ist. Carl Joseph ist erschüttert und bekommt während eines Kondolenzbesuches seine Briefe von Wachtmeister Slama ausgehändigt. Die jugendliche Lebensfreude verschwindet, der junge Trotta leidet sehr und macht sich furchtbare Vorwürfe. Doch es gibt Hoffnung, er findet einen Freund: den Regimentsarzt Dr. Demant. Die Freude währt nicht lange, Trotta geht mit Frau Demant spazieren und begegnet einigen Kameraden, die über eine Liebesbeziehung der Beiden zu tuscheln beginnen. Dr. Demants Ehre ist verletzt und er fordert Graf Tattenbach, den Urheber dieser Lästereien zum Duell. Beide sterben. Carl Joseph fühlt sich schuldig und ist erneut am Boden zerstört, er beschließt schließlich sich versetzen zu lassen.

Ganz im Osten, an der russischen Grenze des riesigen Kaiserreichs möchte er neu anfangen. Doch in dem verlassenen Netz herrscht für die Soldaten gähnende Langeweile, die durch ein neues Kasino teilweise abnimmt. Die Roulettekugel erweist sich im Zusammenspiel mit dem Alkohol als gefährliche Mischung. Schnell sind viele Soldaten alkoholkrank, spielsüchtig und verschuldet. Auch Carl Joseph bleibt nicht verschont und hat hohe Spielschulden. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als seinen Vater, den Bezirkshauptmann, um Hilfe zu bitten, zumal er vorher seinen Gläubiger massiv bedroht hat und dabei beobachtet wurde. Der alte Trotta schaut, wie einst sein Sohn, das Gemälde des Helden von Solferino an und hat eine Idee: Der Kaiser persönlich muss Carl Joseph begnadigen und die unschöne Geschichte aus der Welt schaffen.

Joseph Roth beschreibt in wunderbarer, sehr bildhafter Sprache die Lebensgeschichte von Carl Joseph von Trotta. Die einzelnen Szenen sind meisterhaft komponiert, in wenigen Sätzen erhält man einen Einblick in die Psyche der handelnden Personen. Die Verquickung des persönlichen Untergangs der Familie Trotta mit dem politischen Niedergang Österreich-Ungarns ist hervorragend gelungen. Die zeitgeschichtlichen und geographischen Betrachtungen sind gekonnt in die Handlung eingebaut. Radetzkymarsch gilt zu Recht als eines der besten Bücher aller Zeiten.

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